Auch dies ist ein Projekt, in dem die Grenzen der Portraitphotographie ausgeloten
werden. Da Portraits normalerweise meist das Gesicht (oder Teile davon) in Nahaufnahme
oder eine Person in unterschiedlichster Pose oder auch ungezwungen oder vielleicht
auch unbeobachtet bei einer charakteristischen Tätigkeit darstellen, versuche
ich hier genau den Teil wegzulassen, der anscheinend zwingender Bestandteil
jeder Portraitaufnahme ist. Es soll irgendein anderer Körperteil außer dem Gesicht
gezeigt und damit versucht werden, den Charakter dieses Menschen darzustellen.
Gefragt wird also nach der Stelle, wo das "Ich" sonst noch zuhause sein kann.
Was ist der Körperteil, der Dich individuell, besonders, einzigartig macht?
Was unterscheidet Dich am meisten von anderen? Doch obwohl wir in einer Welt
leben, die den Individualismus vergöttert, wie kaum sonst etwas, kann diese
Frage nur von sehr wenigen Menschen spontan beantwortet werden. Auf die übliche
Verwirrung ob diesem Ansinnen folgen meist Allgemeinfloskeln darüber, daß jeder
Mensch mit jeder Zelle seines Körpers einzigartig ist. Der Ankündigung, darüber
noch näher nachzudenken, folgen trotz wiederholter Nachfragen nur sehr selten
konkrete Antworten. Es scheint so, als wäre dieser Hang zum Individualismus
eigentlich nur Konsumzwang, der mehr der Normierung als der Unterstreichung
des körperlichen Ausdrucks unserer Persönlichkeit dient. Wir wollen einzigartige
Individuen sein, die sich möglichst wenig von der Norm unterscheiden. Wir beschäftigen
uns nicht gerne mit den Seiten an uns, die abweichen. Wir lassen sie lieber
korrigieren oder verdecken sie zumindest. Wir kleiden uns modern, also der derzeit
geletenden Norm entsprechend, auch wenn diese Norm immer wieder so aussehen
will, als würde sie sich gegen jede Norm stellen. Und selbst, wenn wir unseren
Körper individuell z.B.durch Tätovierungen oder Piercings modifizieren, so sind
die Bildchen oft irgendwelchen Katalogen entnommen.
Doch diese künstlichen Besonderheiten sind nicht Thema des hier besprochenen
Projektes. Tätovierungen und ähnliches sind schon zur Genüge
von den jeweiligen Tätovierern oder deren KundInnen dokumentiert. Hier
geht es um natürliche Besonderheiten, Körpermerkmale, Verkörperungen
von Persönlichkeit, auch in ihrer lebensgeschichtlichen Veränderung,
Spuren, die ein Charakter oder eine Lebensgeschichte hinterläßt.
Und was jeder an sich selber besonders findet, muß nicht unbedingt auffällig
sein. Es kann klein oder groß sein. Es kann etwas sein, worauf ich stolz
bin. oder was ich sonst (gemeinsam mit meinem Gesicht) nicht so gerne herzeige.
(Die Bilder sind auf Wunsch auch durch falsche Namen anonymisiert.)
Dies ist ein langsam auslaufendes Projekt.
An einer Zusammenarbeit Interessierte, bitte mich per Elektropost
zu kontaktieren.
Weitere Informationen zu meiner Arbeitsweise sind auch hier
nachzulesen.